Janusz Korczak
Im Dezember 1999 war es endlich mit unserem Umzug soweit. In das neu gestaltete Schulgebäude konnten die Klassen aus Niederalben und Lauterecken einziehen. Mit dem Einzug verbunden erschien es uns sinnvoll, unserer Schule einen Namen zu geben. Die Lehrer und Elternversammlungen sprachen sich eindeutig für den Namen Janusz-Korczak aus.
Um diese auf den ersten Blick etwas ungewöhnliche Namensgebung zu verstehen soll hier ein Blick auf die Biographie von Janusz Korczak geworfen werden.
Geboren wurde Janusz Korczak am 22. Juli 1878 als Henry Goldszmit in Warschau. Er interessierte sich schon als junger Mann für die benachteiligten Kinder in der Großstadt. Er suchte sie in ihren Elendsvierteln auf und begleitete sie während der Semesterfehrien seines Medizinstudiums in den Sommerkolonien. Seine Erfahrungen verarbeitete er literarisch in vielgelesenen Büchern und Aufsätzen. Dabei kam er auch zu seinem Namen „Janusz Korczak“ . Der Name stammte aus einem Roman des polnischen Schriftstellers Kraszeweski. Korczak gewann bei diesem Wettbewerb einen Preis, und als sein Name auf die Preisträgerliste kam, wurde er aus Versehen „Janusz“ statt „Jansz“ gedruckt. An dieser Version hielt Korczak fest und veröffentlichte unter diesem Pseudonym.
Nach vielen Veröffentlichungen erscheint 1901 sein erster Roman „Die Kinder der Straße“, ein sozialkritisches Werk, indem Korczak das Leben der verwahrlosten Kinder Warschaus beschreibt. Ein weiterer Roman – sozusagen als Gegenstück – „Das Kind des Salons“ erscheint 1904.
Der bald in ganz Polen bekannte Schriftsteller, der schon als 21jähriger das Credo seiner Pädagogik: „Kinder werden nicht erst zu Menschen, sie sind es schon“ niedergelegt hat, fasst nach seiner Tätigkeit als Arzt und 30jährig den Entschluss, den Kampf für das Wohl des Kindes zu seiner Lebensaufgabe zu machen.
Er übernimmt 1011 die Leitung eines Warschauer Kinderheimes („Dom Sierot“). Es wurde zur Werkstatt lebendiger Pädagogik.
Weiter arbeitet Korczak als Jugendgerichtsgutachter, spricht regelmäßig im polnischen Rundfunk, arbeitet in einem weiteren Kinderheim, setzt sich allenthalben für das „Proletariat auf kleinen Füßen“, für dessen Recht und würdige Lebensbedingungenein und schreibt für Kinder („König Hänschen“, u.a.), für Jugendliche und Erwachsene („Wie liebt man ein Kind“/“Das Recht des Kindes auf Achtung“) Bücher.
1926 ruft er die erste öffentliche Kinderzeitung ins Leben, die von Kindern für Kinder geschrieben werden.
In dem Waisenhaus richtet er Organe einer „parlamentarischen“ Selbstverwaltung für Kinder und Erzieher ein, die die Kleinen vor Rechtlosigkeit, Willkür und Despotismus der Großen schützen und ihnen allen zur Einübung eines demokratischen Zusammenlebens dienen soll.
Im September 1939 überfiel die Deutsche Wehrmacht Polen und besetzte Warschau. Im Oktober 1940 wurde das Warschauer Ghetto für die jüdische Bevölkerung eingerichtet. Eine Enklave des unvorstellbaren Grauens inmitten einer Stadt des braunen Terrors. Die tägliche Lebensmittelration lag bei 184 Kalorien pro Tag und Person. In jedem Haus wohnten über 400 Menschen. Das Waisenhaus lag außerhalb des Ghettosund die Kinder mussten dorthin „umziehen“. Bis 1942 waren Korczak und seine Helfer unter Einsatz allen Kraft damit beschäftigt, die Kinder am Leben zu erhalten. In dieser Situation übernahm er auch die Leitung eines zweiten Kinderheims.
Nach der Wannseekonferenz im März 1942, wo die „Endlösung der Judenfrage“ beschlossen wurde, begann die SS die Ghettobewohner nach Treblinka zur Vernichtung zu transportieren.
Korczak glaubte, man werde die Kinder verschonen. Doch es kam anders. Das Waisenhaus wurde von der SS umstellt und die Kinder und Erzieher zur Deportation abtransportiert. Korczak erhält mehrere Angebote für seine persönliche Rettung, die er aber ausschlägt, weil er die Kinder auf ihrem Weg in den Tod nicht allein lassen wollte.
Der rastlose Kämpfer für eine friedliche Welt der Erwachsenen und Kinder erhielt 1972 posthum den Friedenspreis des deutschen Buchhandels.
Grundpfeiler der Korczakschen Pädagogik ist das „Recht des Kindes auf Achtung“, die folgende Komponenten enthält:
- Ermöglichung von Verselbständigung und Selbstbestimmung durch die Förderung von Möglichkeiten zur Selbstentdeckung, Willensauübung und -bildung, Freiheit und Autonomie sowie Erfahrungsmöglichkeiten.
- Gleichberechtigung des Stadiums der Kindheit gegenüber den Erwachsenen in Familie und Gesellschaft.
- Zubilligung der spezifischen Kinderperspektive, -bedürfnisse und -wünsche im „Hier und Jetzt“.
- Zubilligung altersadäquater Rechte und Pflichten.
- Recht des Kindes auf „Mittelmäßigkeit“.
- Förderung der Entwicklung von Individualität und Identität.
- Freie Entfaltungsmöglichkeiten im Hinblick auf soziale Möglichkeiten, Bedingungen und Ansprüche.
Für weitere Informationen möchten wir auf die Korczak Gesellschaft verweisen.